Berufungsgeschichte Sr. Eva-Maria - Benediktinerinnen Osnabrück

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Berufungsgeschichte Sr. Eva-Maria

Über uns > Berufungs-Geschichten
Schwester Eva-Maria Kreimeyer OSB
geboren 1970
Eintritt: 21.11.1989
Triennalprofess: 25.04.1992
Feierliche Profess: 17.04.1995
Berufsausbildung als Bürokauffrau
Ausbildung für Geistliche Begleitung

Jemand muss wachen
unten an der Brücke,
um deine Ankunft zu melden, Herr,
du kommst ja doch in der Nacht
wie ein Dieb.
Wachen ist unser Dienst, wachen.
Auch für die Welt.
Sie ist so leichtsinnig,
läuft draußen herum,
und nachts ist sie auch nicht zu Hause.
Denkt sie daran, dass du kommst?
Dass du ihr Herr bist und sicher kommst?
Silja Walter
Gottesdurst
l. „Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Untergang sei der Name des Herrn gelobt" (Ps 113,3).
Langsam und vorsichtig kommen die beiden Schwestern durch den Chor. Eine junge und eine alte. Die junge hat einen weißen Schleier und ein unglaublich frisches und fröhliches Gesicht. Die Augen der anderen sind halb geschlossen, ihr Gesicht ist wie alte Seide zerknittert, voller Falten, ihr Blick geht nach innen. Liebevoll behutsam geleitet der weiße Schleier den schwarzen Schleier zum Platz. Danach huscht die junge Schwester eilig weg. Dann höre ich ein Rauschen und Schreiten, rhythmisch schwingen die langen Ordenskleider, zu zweit nebeneinander ziehen die Schwestern ein. Schwarze Schleier, weiße Schleier, gesammelte Gesichter, vor dem Altar eine tiefe Verbeugung, dann geht jede auf ihren Platz im Chor. Eine hohe Altfrauenstimme singt den Eröffnungsvers. Die Vesper zum Fest Mariens Aufnahme in den Himmel beginnt.
„Deus, in adjutorium meum intende."
(O Gott, komm mir zu Hilfe.) „Domine, ad adjuvandum me festina."
(Herr, eile mir zu helfen.)
Der Raum des Nonnenchores ist schlicht, einfach, fast streng, das Chorgestühl tiefbraun nachgedunkelt. Manche Kniebänke haben abgenutzte Polster.
Das Licht fällt durch hohe Fenster hinein, lässt die weißen Schleier der Novizinnen aufleuchten. An zwei Seiten stehen sich die Schwestern gegenüber, das aufgeschlagene Brevier in den Händen. Schwester Eva-Maria ist eine der Vorsängerinnen. Zusammen mit ihrer Mitschwester Bernadette stimmt sie die Antiphonen und Psalmen an. Glasklar sind die Stimmen, gestochen scharf die Akzentuierung, genau aufeinander abgestimmt Modulation und Ausdruck. Beide Stimmen klingen wie eine. Die Töne schweben im Raum wie eine feine Stickerei. Der Chor der Schwestern fällt ein; Psalm 110 wird Vers für Vers im Wechsel gesungen. Während des Singens der Psalmen sitzen alle, beim letzten Halbvers erheben sie sich. Eine ehrfürchtige Verneigung begleitet das „Ehre sei dem Vater".
Benediktinerinnen gehören zu einem der ältesten Orden der christlichen Welt. Reich verzweigt in vielen verschiedenen Gemeinschaften ist die benediktinische Ordensfamilie von Anfang ihres Bestehens an eine der prägendsten Kräfte im Abendland gewesen. Gegründet wurde der Ordo Sancti Benedicti (OSB) im 6. Jahrhundert. Ihr Gründer, Benedikt von Nursia (480-547), schuf mit dieser Lebensform und mit seiner Ordensregel (Regula Benedicti, RB) die Grundlage des abendländischen Mönchtums. Durch ihre Lebensweisheit, menschliche Güte und spirituelle Erfahrung ist die RB wohl einzigartig unter allen Ordensregeln, auch wenn sie angesichts der jeweiligen
Jahrhunderte und ihrer Anforderungen verschieden interpretiert wurde. Bleibend gültig ist Benedikts Forderung an alle seine Brüder und Schwestern, „nichts soll also dem Gottesdienste vorgezogen werden".
Auch das II. Vatikanum betonte die Wichtigkeit dieser dem reinen Gotteslob dienenden Lebensform. „Die ehrfürchtige Einrichtung des monastischen Lebens, die sich im Laufe vieler Jahrhunderte um Kirche und menschliche Gesellschaft hervorragende Verdienste erworben hat, soll im Osten und Westen in ihrem echten Geist treu bewahrt werden und von Tag zu Tag heller erstrahlen. Vornehmste Aufgabe der Mönche (und Nonnen, d. Verf.) ist der demütighohe Dienst vor der göttlichen Majestät innerhalb des klösterlichen Bereichs."
Einer der vielen verschiedenen Entwicklungen innerhalb des Ordens entsprang das Institut der Benediktinerinnen vom Heiligsten Sakrament. Im 17. Jahrhundert von Mechtilde de Bar gegründet, widmen sich die Schwestern der Anbetung des Altarsakramentes, der Eucharistie. 1995 gehörten den sieben nationalen Föderationen 994 Schwestern in 47 Klöstern an, davon 140 deutsche Schwestern in sieben Ordenshäusern.

Einer der vielen verschiedenen Entwicklungen innerhalb des Ordens entsprang das Institut der Benediktinerinnen vom Heiligsten Sakrament. Im 17. Jahrhundert von Mechtilde de Bar gegründet, widmen sich die Schwestern der Anbetung des Altarsakramentes, der Eucharistie. 1995 gehörten den sieben nationalen Föderationen 994 Schwestern in 47 Klöstern an, davon 140 deutsche Schwestern in sieben Ordenshäusern.
… Wir sitzen im großen Sprechzimmer und sie erzählt von ihrem Weg. „Am Anfang war eigentlich eine stille Frage. Ist das wahr, woran ich glaube? Diese Frage hatte ich schon als Kind: Ist das wirklich wahr? Und wenn das wahr ist, ja, dann muss ich doch alles dransetzen, das zu leben! Dieser Prozess ging bei mir so im Alter von 13, 14 Jahren richtig los. Und dann begegneten mir auf einmal Menschen, die ganz überzeugte Christen waren. Da kam bei mir ein Durchbruch, dass ich plötzlich spürte, ja, ich glaube, dass das echt ist. Und dann kann ich gar nicht anders, als mich ganz darauf einlassen. Es war das Alter, wo man überlegt: Wie geht es weiter. Man denkt an Ausbildung, an einen Beruf. Ich habe damals gespürt, ich möchte eigentlich alles auf die Karte Christi setzen, aber wie? Damals wollte ich eigentlich Ärztin werden, der Arztberuf hat mich sehr interessiert. O, dafür habe ich mich ziemlich begeistert! Und ich war wirklich kein Überflieger in der Schule! Ich hätte dafür gewaltig was tun müssen. Lange Zeit habe ich immer still gebetet: ,Lieber Gott, mach, dass ich Ärztin werden kann.' Aber dann habe ich gemerkt, da drängt noch was ganz anderes in mir, und ich wusste zuinnerst, dass das, was mich jetzt anrührt, dieses Bedürfnis, mein Christentum intensiv zu leben, das kann ich so nicht als Ärztin. Natürlich können Ärzte als überzeugte Christen leben. Aber nicht so, wie ich es in mir spürte, was mich anrührte, was ich tun musste. Und dann hat es einen ganz, ganz schwierigen Prozess gegeben, der hat lange gedauert. Ich habe immer nur gedacht: Nee, ins Kloster nie! Also das nicht! Nonne war für mich ein Schimpfwort. Soweit wollte ich es dann doch nicht kommen lassen. Aber es wurde immer deutlicher: dieses innere Drängen, dieses Alles-auf-eine-Karte-setzen-Wollen, das kann ich nur, wenn ich mich einer Gemeinschaft anschließe. Und ich muss eine Lebensform finden, wo ich das verwirklichen kann. Dann kam irgendwann der Schritt, wo ich tatsächlich beten konnte: Wenn du willst, dass ich nicht Ärztin werde, sondern ins Kloster gehen soll, dann schenk mir auch, dass ich mich dafür begeistern kann! Denn das konnte ich damals noch nicht. Ich bin dann Ordensleuten begegnet, Ordensschwestern, und bin sehr sensibel damit umgegangen. Ich wollte spüren: Wie sind die denn eigentlich? Das hat mir dann auch vermittelt, dass mein Bild von Ordensleuten so gar nicht stimmte. Es war halt geprägt von dem, was man so denkt und was die Medien auch daraus machen. Und irgendwann spürte ich: Ich will überhaupt nichts anderes als diese Christusnachfolge im Ordensstand. Ich habe dann - ganz still und heimlich - an die Diözesanstelle Berufe der Kirche geschrieben und einen Brief und eine Broschüre bekommen. In der waren die Ordensgemeinschaften aufgeführt. Ich habe sie Seite für Seite durchgelesen, einen Kugelschreiber genommen und alle richtig dick durchgestrichen, die nicht in Frage kamen. Da blieben dann drei ,Sorten' übrig: Benediktinerinnen, Klarissen und Karmelitinnen. Und dann erzählte mir eine Ordensschwester von dem Kloster hier. Ich schrieb hin und bin zu einem Wochenende gekommen. Und das war der totale Durchbruch. Ich habe nicht geschlafen diese Tage, ich habe gezittert, ich war ein nervöses Hemd, so ein starkes Erleben war das für mich. Und ich spürte, dass ich hier die Antwort auf mein ganzes Fragen und Suchen finden würde."
Auf- und abschwellend erklingen die Psalmtöne, die Melodien, in denen die Psalmen gesungen werden. Seit Jahrhunderten sind sie fast unverändert geblieben. Jeder Psalmton hat seinen eigenen Charakter, seine eigene Stimmung. Mit ihnen wird die Aussage des Psalms unterstützt und klanglich verdeutlicht „Lobet, ihr Knechte des Herrn, lobt den Namen des Herrn! Der Name des Herrn sei gepriesen, von nun an bis in Ewigkeit. Vom Aufgang der Sonne bis zum Untergang sei der Name des Herrn gelobt." Der 8. Ton lässt Psalm 113 in ruhiger Freude durch den Raum klingen, und wie ein feierlicher Tanz mutet es an, hinsetzen und aufstehen im Wechsel, verneigen, einzelne Stimmen und der ganze Chor; ein Gotteslob mit Wort und Stimme, mit Gesang und Körper. Eine Atmosphäre achtsamer Konzentration, die dem heiligen Benedikt so wichtig war, dass er sie sogar in seiner Regel extra erwähnte. „Stehen wir so beim Chorgebet, dass unser Geist in Einklang sei mit unserer Stimme."

2. „Friede wohne in deinen Mauern, in deinen Häusern Geborgenheit" (Ps 122).
Siebenmal am Tag versammeln sich die Schwestern zum Gebet. Die einzelnen Horen sollen den Tag über das Lob aufrechterhalten und den Geist des Beters auf Gott hin ausrichten. Ich frage Schwester Eva-Maria, welche Bedeutung das Chorgebet für sie hat. Ist es nicht anstrengend, so viel zu beten, sich immer wieder darauf konzentrieren zu müssen? Sie schüttelt den Kopf: „Nein, weißt du, für mich ist es erst mal ein großer Halt. Ich kann mich in diesem regelmäßigen Beten ein Stück weit halten und alles, was ist, nicht nur in mir, sondern einfach alles, was in dieser Welt da ist, hineinbringen. Mich beeindruckt gerade an den Psalmen, dass man so viele Nöte aussprechen kann. Oder eine Freude, die ich vielleicht heute nicht habe, die aber irgendjemand auf der Welt hat. Und es bewegt mich sehr, dass ich das Tag für Tag vor Gott bringen kann. Wie viele beten dieses Chorgebet täglich. Wir sind da eine Gemeinschaft, Ordensleute, Priester, Laien. Wir beten ein Netz. Ich denke oft: Wer hat mich vielleicht durch gebetet durch meine dunkelsten Stunden? Aber es ist natürlich auch ein Wachstumsprozess. Nur mal dran schnuppern oder ab und zu meinen Lieblingspsalm beten, ist viel zu wenig. Um in die Welt der Psalmen einzudringen, muss ich mich existenziell mit diesen Dingen auseinandersetzen. Man muss erfahren, wie tief der Psalmist schon meine Not durchgekostet hat. Und, je mehr man die Psalmen betet und auch lebt, umso mehr gewinnt man sie lieb. Hat man erst einmal erfahren, dass es da Stellen gibt, die plötzlich so licht und klar ausdrücken, was ich empfinde, dann werden die einzelnen Verse wie gute Freunde. Die immer wieder auftauchen und mich erinnern, ja, da war mal eine Stunde, da ging es mir nicht gut und ich konnte hier dann aufatmen." „Wie du das erzählst, klingt es wie eine Art Lernprozess, wie eine Schule?"  „Ja, Gebet ist etwas, was ich täglich lernen muss. Das habe ich nicht für immer begriffen. Es ist auch ein Entwicklungsprozess, wie eine persönliche Reifung. So wie ich eine persönliche Entwicklung habe, so hat auch mein Gebet seine persönliche Entwicklung. Ich glaube, das läuft ziemlich parallel, es ist ein Ineinander ... Es ist auch ein Stück weit Erziehung. Bin ich bereit, mich auf diesen Werdegang einzulassen? Ich kann doch nicht schon ein großer Apfelbaum sein, wenn ich noch ein kleines Bäumchen bin. Ich muss Geduld haben, ein Stück weit aushalten, etwas zu werden. Man macht dabei die Erfahrung, wenn ich das aushalte und dann zurückschaue, dann sehe ich, da ist etwas ganz Wunderbares gewachsen." Während sie erzählt, fallen mir die Geschichten ein, die manchmal über den klösterlichen Gehorsam erzählt werden. Schauergeschichten. Geschichten, in denen Oberinnen ihre Machtgelüste austoben und zitternde Schwestern sich nicht zu wehren wagen, weil ihnen sonst der Rausschmiss droht. Ich frage etwas vorsichtig: „Du sprichst von Erziehung. Da fällt mir natürlich das Stichwort Gehorsam ein. Wie siehst du das? Ist das nicht schwer?" „Ich würde sagen, das ist sicher mit das Schwerste im Orden." Sie schmunzelt. „Ich glaube, wir brauchen uns gar nicht anzustrengen, um uns da eine besondere Buße auszudenken. Dieses ehrliche Einlassen auf das klösterliche Gemeinschaftsleben, das ist eine gewaltige Herausforderung! Ich habe das am Anfang stark darin erlebt, dass mich die Gemeinschaft so forderte, dass ich kaum noch freie Zeit für mich hatte. Und dieses Loslassen der eigenen Zeit ist schon schwer. Ich muss mich da auf Dinge einlassen, vor denen ich ein Stück weit Angst habe, oder, wo ich merke, da muss ich erst hineinwachsen. Aber andererseits sehe ich, wenn ich das lerne, werde ich auch freier und, ja, mutiger. Man entwickelt sich auch hier. Wir wollen uns hier ja auch immer mehr hineinleben in den Gehorsam Jesu. Das heißt auch, mich einzulassen, auf etwas, was ich vielleicht jetzt noch nicht verstehe." „Ganz schön hart für heutige Ohren, oder?" „Der Weg zu einer persönlichen Freiheit ist immer hart. Aber heute gehört in den Orden schon auch sehr viel Dialog dazu. Gerade da, wo die Konvente kleiner werden und der Nachwuchs fehlt. Sonst entstehen leicht Überforderungen. Weißt du, Gehorsam, das ist für mich nicht dieser ,Kadaver-Gehorsam'! Gehorsam gehört zum Ganz-Hineingeben. Und da gehört auch mein Mitdenken dazu, aber ich muss mich auch unterordnen können! Es ist ein Miteinandersuchen nach dem, was richtig ist, was wahr ist, was in Ordnung ist, was sein muss. Und dass es da auch manchmal eine bittere Pille gibt... wo ich zum Beispiel meine, es besser zu wissen, und es dann trotzdem annehme und tue - dabei ist auch eine gewisse Klugheit. Es muss in unseren Klöstern eine Führung geben, sonst tut ja jede, was sie will. Und das würde mich nicht froh machen! Warum bin ich denn hier? Ich möchte doch wirklich etwas ganz anderes als die vielen Menschen draußen. Und da ist der Gehorsam ein Raum, wo ich mich selbst loslassen kann."
Ich sitze im Chor und höre zu. Das Brevier, das die Schwestern mit vielen Zetteln an den entsprechenden Stellen bestückt haben, liegt neben mir auf der Bank. So ganz komme ich mit der lateinischen Vesper nicht zurecht. Auch die Schwestern beten nur noch diese Hore in Latein, alle anderen Gebetszeiten sind in Deutsch. Schade, wie manche meinen. In diesem weichen Auf und Ab der Psalmodie liegt eine große Ruhe. Es lockt, sich dort hineinfallen zu lassen. Ich lese die deutsche Übersetzung des Psalms 122 mit.
„Friede wohne in deinen Mauern,
in deinen Häusern Geborgenheit.
Wegen meiner Brüder und Freunde will ich sagen:
in dir sei Friede."
Ein Lied der Hoffnung ist dieser Psalm, ein Lied der ewigalten Hoffnung auf Frieden und Heimat. Die Sehnsucht danach ist an den Gesichtern der Schwestern abzulesen - und auch, dass in ihnen dieser Friede schon beginnt, Heimat zu finden.
3. „Ich kann einfach nie genug kriegen"
Nach dem letzten Psalm ist ein Augenblick Stille, dann erfolgt die Lesung aus dem ersten Brief des Apostels Paulus an die Korinther, Kapitel 15, Verse 20 - 22.
„Nun aber ist Christus von den Toten auferweckt worden als der Erste der Entschlafenen. Da nämlich durch einen Menschen der Tod gekommen ist, kommt durch einen Menschen auch die Auferstehung der Toten. Denn wie in Adam alle sterben, so werden in Christus alle lebendig gemacht werden."

Nach der Lesung ist wieder eine kurze Stille, Zeit, den Worten nachzusinnen.
Assumptio Mariens, Aufnahme Mariens in den Himmel. Die Lesung zum Fest macht deutlich, worauf die Hoffnunng der Christen letztendlich ausgerichtet sein soll. Mein Blick fällt auf die Marienstatue, die im Nonnenchor steht. Heute sind Blumen davor. Schmuck für eine Frau, von der die Kirche glaubt, dass sie schon geschenkt bekommen hat, was für alle bereitliegt. Starke Frau, starkes Vorbild, denke ich. Die Schwestern haben sich erhoben und singen den Hymnus: Ave maris stella, Meerstern, sei gegrüßet.
Der uralte Hymnus besingt die beispielhafte Haltung der Mutter Jesu. Was für ein Leben hatte diese Frau - und was für einen Glauben. In all den schweren Stunden hielt sie das Vertrauen zu Gott aufrecht. Ich frage Schwester Eva-Maria später, ob das Gebet nicht so eine Art Selbsttäuschung sei. So eine Kuschelecke, in der ich mir ein gutes Gefühl verschaffe. Sie widerspricht mir energisch. „Nein! Der Unterschied ist, dass ich irgendwann in eine Phase komme, wo es mich total anwidert. Das kennen alle, die lange beten. Dieses ,Es hat keinen Sinn, vertane Zeit, es ist sooo langweilig!' und mehr. Diese Phase macht wohl jeder durch. Und es ist gut, dass man das durch macht.  Denn ohne  diese  Erfahrung  käme  man eigentlich nicht weiter. Es geht eben nicht um ein schönes Gefühl, sondern um die Begegnung mit dem lebendigen Gott! Und da brauche ich kein schönes Gefühl dabei zu haben, sondern nur zu wissen, Gott ist da, er weiß um mich. Und da bin ich ein Nimmersatt, ein richtiger Nimmersatt. Ich kann einfach nicht genug von ihm kriegen!" bin mir nicht sicher, ob ich es richtig verstanden habe. Beten ohne gutes Gefühl, nur dieses Wissen, diese... Erfahrung? Und dafür dieses Leben draußen aufgeben?
„Lohnt sich denn dann alles?"
Sie lacht. „Ob sich das lohnt? Ehrlich gesagt, ich habe es noch keinen Tag bereut. Und weißt du, ich bin ja nicht hierhergekommen, weil ich den Eindruck hatte, da lohnt sich irgendwas. Sondern ich hatte so ein tiefes Suchen, ich hatte Lebensdurst, noch mehr, ich hatte Gottesdurst. Und ich weiß heute, wenn ich es nicht getan hätte, ich wäre vor die Hunde gegangen. Und hier, ... ach, weißt du, ich kann ihn einfach nicht genug feiern. Ich kann nie genug singen, ich kann nie genug beten - es ist einfach nie genug."
4. „Magnificat - Hoch preise meine Seele den Herrn"
Die Schwestern machen ein Kreuzzeichen, der Lob-Mariens aus dem Lukasevangelium erklingt.
„Magnificat anima mea Dominum."
(Hoch preise meine Seele den Herrn.)
„Et exsultavit Spiritus meus."
(Und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter.)
Die Freude Marias über die Erwählung, Mutter Jesu werden zu dürfen, die Zuneigung der beiden schwangeren Frauen und ihr glückliches Hoffen auf das in ihnen heranwachsende Leben leuchten mit großer Strahlkraft in den Worten auf. Der 3. Psalmton unterstreicht mit feierlichem Jubel die Freude über die Heilstat Gottes. Tagtäglich singen die Schwestern dieses Magnificat. Ein Lob, das nie verstummt und zu jeder Zeit rund um den Erdball ertönt. Wie stark muss der Halt dieses Gebetes sein, wenn Frauen aus allen Schichten und Lebenskreisen in dieser engen Gemeinschaft leben können. Oder geben sie ihre Fehler und Macken beim Eintritt an der Klosterpforte ab? Wohl kaum.
Die Priorin singt das Vaterunser. Alle Schwestern hören mit tief geneigtem Kopf zu. Zuerst stutze ich, was mache ich jetzt? Schließlich neige auch ich meinen Kopf, ein wenig, bete das Gebet Jesu leise mit. In diesem Moment erscheint die Gruppe der Schwestern mehr denn je als eine Familie; als stützende, sinnvolle, anziehende Gemeinschaft. Die Schlussoration folgt, dann der Segen, die Vesper ist zu Ende. Ich bleibe noch einen Augenblick in der Bank sitzen. Einzelne Schwestern verlassen den Chor, sie haben Tischdienst und bereiten alles für das Abendessen vor. Schwester Eva-Maria geht an mir vorbei, lächelt und zwinkert einen Gruß. Die junge Novizin hilft ihrer alten Mitschwester langsam aus der Bank, fasst sie unter, und beide gehen gemeinsam zum Refektorium. Ein weißer Schleier, ein schwarzer Schleier, ein junges Gesicht und ein altes Gesicht, zerknittert wie uralte, feine Seide, voller Falten, voller Freude.

(Aus: Maria Anna Leenen, „Mit dem Herzen im Himmel, mit den Füßen auf der Erde“, Erschienen im Bennoverlag, ISBN 3-7462-1384-3)










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