Berufungsgeschichte Sr. Bernadette
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Sr. Bernadette Tonne OSB
Kurzer Lebenslauf:
Ich wurde 1965 in Bremen geboren und bin dort aufgewachsen. Ich wurde evangelisch getauft und konfirmiert. Nach der Grundschule besuchte ich die Realschule und danach die zweijährige Höhere Handelsschule. Dann absolvierte ich eine 2 ½-jährige Ausbildung als Bankkauffrau, wurde anschließend ins Angestelltenverhältnis übernommen und arbeitete ca. noch für 2 ½ Jahre dort. Dann trat ich hier ins Kloster ein. Das war 1990 als ich 24 Jahre alt war. Heute bin ich 54 und in der Hauptaufgabe Kantorin, das heißt, ich bin für den Gesang zuständig, außerdem verziere ich Kerzen, erfülle ein paar Aufgaben im Haushalt, kümmere mich um die Bibliothek, bin Ordensdatenschutzbeauftragte unserer Gemeinschaft, auch Tischleserin und habe noch andere kleine Aufgaben bei uns im Kloster. 2015 schloss ich den Grundkurs des Würzburger Theologischen Fernkurses ab, weil ich mich sehr für Theologie und Spiritualität interessiere. Ich darf sagen, dass ich ein wirklich erfülltes Leben führe, mit dem ich sehr zufrieden bin.
Hintergründe:
Ich habe schon als Kind gern gesungen, und wurde von meinen Eltern darin gefördert. Ich sang jahrelang im Chor: zunächst im Kinderkirchenchor meiner evangelischen Gemeinde, dann im Jugendchor, schließlich in der Kantorei und noch später im katholischen Kirchenchor. Es war mir wichtig, dass es dabei um christliche Inhalte ging und ich sang in glühender Glaubensüberzeugung. Als Jugendliche geriet ich, was in dieser Lebensphase ja keineswegs ungewöhnlich ist, in innere Konflikte, die mich psychisch sehr mitnahmen. Das brachte mich aber auf den Weg, Fragen an das Leben zu stellen, auch an Gott. Jedenfalls beschäftigte ich mich ziemlich intensiv mit Philosophie, mit Glaubensfragen, las oft in der Bibel, mich trieben aber auch gesellschaftskritische und politische Fragen um. Ich war voller Offenheit und hielt Ausschau, ohne genau zu wissen, wonach. Beruflich schien es mir nur logisch, ebenso wie meine Eltern einen kaufmännischen Beruf zu ergreifen. Die Materie war auch sehr interessant. Aber schon während der Ausbildung merkte ich, dass mir etwas fehlte. Ich spürte, dass mich mein Beruf nicht ausfüllen würde, ja ich kam sogar manchmal in Konflikt mit meinem Gewissen, in der Ausübung meiner Pflichten. Außerdem hatte ich einige geistliche Erlebnisse, bis ganz plötzlich der Gedanke in mir auftauchte, in ein Kloster einzutreten in einem Schlüsselerlebnis: Ich hatte gerade Feierabend, und wollte mit dem Bus von der Arbeit nachhause fahren. Ich setzte mich wie oft ziemlich deprimiert in den Bus und genau in diesem Moment, kam mir ein schlichter Gedanke. Er lautete: „Du gehst in ein katholisches, kontemplatives Kloster!“ Meine erste Reaktion war Erstaunen: Wo kommt denn das jetzt her? Dazu ist wichtig zu wissen, dass ich Nonnen bislang nur im Fernsehen in alten Filmen gesehen hatte. Ich wusste nicht, ob es heute noch welche gäbe, und ob es noch intakte Klöster gibt. Alles, was ich vom Ordensleben wusste, war eine Erinnerung an ein Bild in einem Geschichtsbuch der 5. Klasse: Dort sah man zwei Mönche abgebildet, die Holz hackten und darunter stand „Ora et labora“. Mönche sind also Menschen, die Holz hacken und beten. Das war alles, was ich noch erinnerte. Und nun dieser Gedanke. Aber da war noch mehr: Ein starkes Gefühl: Es war ganz stark, stabil und verheißungsvoll, ich fühlte mich plötzlich so froh und voller Frieden. Wie es tatsächlich zu diesem Ereignis in mir kam, weiß ich nicht. Da ich mich für Gott und die Welt interessierte und stets die Augen offen hielt nach Dingen, die mich ansprachen und innerlich auch irgendwie auf der Suche nach etwas war, von dem ich nicht genau wusste, was es war, vermute ich, dass ich irgendwo unbewusst etwas aufgeschnappt habe, was mein Gehirn verarbeitete und mir zur rechten Zeit „servierte“. Das schließt natürlich das Wirken des Heiligen Geistes nicht aus. Jedenfalls bin ich Gott für dieses Geschehen bis heute sehr dankbar. Ich erzählte aber niemandem davon, sondern begann, mich erst einmal zu informieren, da ich ja überhaupt keine Ahnung in diesem Bereich hatte. Ich kaufte mir in der theologischen Buchhandlung viele Bücher, lernte dabei kurioserweise erst so richtig meinen evangelischen Glauben kennen, in dem ich nach den Unterschieden der Konfessionen fragte, und erfuhr vieles über katholische Gottesdienste, Spiritualität, Heilige und auch Klöster. Eines Tages war im Fenster der Buchhandlung, in der ich immer meine Bücher kaufte, ein Plakat, das eine Lourdes-Wallfahrt bekannt machte. Ich wusste wenig über diesen Wallfahrtsort, machte mich aber schnell kundig und fuhr eine Woche dorthin. Ich war überwältigt: Zum ersten Mal sah ich katholische Ordenschristen, lernte Rosenkranzbeten und erfuhr auch von den anderen Pilgern noch mehr Details über das katholische Glaubensleben. Schon beim Lesen des katholischen Katechismus hatte ich festgestellt, dass mein persönlicher Glaube eigentlich mehr katholisch als evangelisch ist, ohne es früher wahrgenommen zu haben. In dieser Zeit begann ich auch regelmäßig an katholischen Eucharistiefeiern teilzunehmen, ohne jedoch zur Kommunion zu gehen, obwohl es mir schwerfiel, es nicht zu tun. Übrigens ist Lourdes wirklich ein ganz einzigartiger und erstaunlicher Ort. Die Ausstrahlung und Atmosphäre ist einfach unbeschreiblich. Man muss es erlebt haben! Ich fuhr noch viermal nach Lourdes, um meine Berufung zum Klosterleben zu prüfen. Die Antwort, die ich im Herzen vernahm, war stark: ich war mir ganz sicher, dass es richtig war, diesen Weg einzuschlagen. Außerdem war mir jetzt klar, dass mein Herz katholisch schlägt und ich auf jeden Fall konvertieren wollte. So nahm ich in Bremen Kontakt mit dem katholischen Pfarrer auf, und konnte am Konvertitenunterricht teilnehmen. Meine Eltern waren davon nicht begeistert, aber sie duldeten es wohlwollend, weil sie sahen, wie ernst es mir war. Nun stellte sich mir noch die Frage, in welches Kloster ich eintreten sollte. Ich hielt in Kirchenzeitungen nach Annoncen Ausschau. Dort fand ich eines Tages einen Zweizeiler: Die Benediktinerinnen in Osnabrück boten ein Wochenende für interessierte junge Frauen an. Als ich die Anzeige sah, es war die erste, die ich entdeckt hatte, wusste ich: Das ist es! Das ist mein Kloster! Dann dachte ich mir: Du spinnst doch! Gleich die Erste Annonce sollte es sein? Na, ja, ich rief jedenfalls an und durfte kommen. Ein paar Tage vor dem Termin fuhr ich nach Osnabrück, um mir das Kloster mal von außen anzusehen. Schon auf den ersten Blick und als ich das kleine Glockentürmchen sah, dachte ich wieder: Das ist es! Das ist mein Kloster! Aber dann mahnte ich mich wieder abzuwarten und noch ein paar andere Klöster anzusehen und außerdem musste ich doch vor allem erst mal die Schwestern kennen lernen! Als ich dann zu dem Wochenende in Osnabrück war, gefielen mir die Schwestern, der Tagesablauf und die Räumlichkeiten sehr. Die Begeisterung für Osnabrück hielt auch an, als ich noch zwei andere Klöster besuchte in anderen Städten. Die gefielen mir auch, aber nur in Osnabrück hatte ich das Gefühl, dass hier der Ort ist, an dem zu leben ich berufen bin. Insgesamt vergingen von meinem ersten Berufungserlebnis 1986 bis zu meinem tatsächlichen Klostereintritt 1990 also ca. vier Jahre. Ich hatte mir bewusst Zeit für die Entscheidung genommen, um sie prüfen zu können. Ich wollte etwas so Wichtiges nicht überstürzen. Inzwischen lebte ich nicht mehr bei meinen Eltern, sondern wohnte in einer Mietwohnung in einem anderen Stadtteil. Diese Unabhängigkeit war mir wichtig und auch ein Teil meiner Prüfung: Ich wollte nicht wegen Weltflucht und Lebensuntüchtigkeit ins Kloster, sondern aus echter Berufung. In der Bank hatte ich begonnen, Karriere zu machen und als ich kündigte, wurde das dort sehr bedauert, aber die meisten Kollegen standen meiner Entscheidung recht positiv gegenüber, oder wenigstens respektvoll. Dann war es endlich soweit: Am 29. Oktober 1989 wurde ich in die katholische Kirche aufgenommen, gefirmt und zur ersten heiligen Kommunion zugelassen. Die Feier fand im Osnabrücker Kloster statt: Mein Pfarrer aus Bremen, ein Dominikanerpater, war dazu hergekommen, ebenso meine Eltern. Ca. ein halbes Jahr später trat ich dann ins Kloster ein: am 3. Mai 1990. Für meine Eltern war das nicht ganz leicht, da ich Einzelkind bin. Aber sie erkannten, wie glücklich mich mein neuer Weg machte, und so konnten sie sich dann ganz gut mit meiner Entscheidung aussöhnen.
Schwester Bernadette OSB, Oktober 2019